Professionalität, Einsatzbereitschaft, viele emsige Helfer und eine grosse Portion Improvisationskunst – so lautete das Erfolgsrezept von Nati-Koch Emil Bolli und seiner Tochter Manuela bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika.

Nach Monaten intensiver Vorbereitung stand im Juni nicht nur für die Schweizer Nationalspieler, sondern auch für Emil und Manuela Bolli das grosse Abenteuer «WM Südafrika» auf dem Programm. Natürlich wäre auch Emil Bolli gerne noch etwas länger an der Südspitze Afrikas geblieben. Doch obwohl sich die sportlichen Träume nicht verwirklichen liessen, blickt der Nati-Koch zufrieden auf eine unvergessliche Zeit in Südafrika zurück. Gerade die Zeit in der Basis der Schweizer im «Emerald Resort & Casino» in Vanderbijlpark ist Bolli in bester Erinnerung. «Die Zusammenarbeit im Hotel hat nicht nur gut geklappt, sie war auch herzlich», sagt Bolli rückblickend. Die Mitarbeiter in der Küche nannten Bolli liebevoll «Papi» und eine ältere Mitarbeiterin umarmte ihn sogar jeden Morgen, wenn er in die Küche kam.

Auf die Unterstützung der zahlreichen emsigen und herzlichen Helfer konnte sich Bolli verlassen, was in Anbetracht seiner verletzten Hand ein unschätzbarer Gewinn war. Und auch die Zusammenarbeit mit Tochter Manuela verlief wie geplant. Sie kümmerte sich hauptsächlich um die kalten Speisen und die Patisserie und agierte zusätzlich als Dolmetscherin.

Bollis Improvisationskunst

Bei aller Einsatzbereitschaft und Herzlichkeit der Mitarbeitenden war aber gerade bei den Trips zu den Spielen nach Durban, Port Elizabeth und Bloemfontein auch öfters Bollis Improvisationskunst gefragt. So war es meist schwer, den gewünschten Fisch zu bescha•ffen, der Spühler leerte Bollis schmackhafte Filet-Sauce weg und eine schon fast fertige Erbsensuppe präsentierte sich plötzlich wie Abwaschwasser. Oder was tut man, wenn 30 Minuten vor dem Essen für 50 Personen plötzlich klar wird, dass sich die versprochenen Pommes nicht im Gefrierschrank befinden? Kartoffeln schälen – und zwar schnell und viele…

Hilfe für deutsche Delegation

Aber einen in 14 Jahren auf unzähligen Auslandreisen gestählten Nationalmannschaftskoch kann so schnell nichts mehr erschüttern. Er und sein Team bewältigten jede Herausforderung mit Bravour, so dass ihm die Direktorin im Protea Hotel Umhlanga Ridge in Durban gleich einen Job anbot, den er aber dankend ablehnte.

Auf seine Erfahrung konnte auch der Küchenchef der deutschen Nationalmannschaft, Holger Stromberg, zählen. Die Deutschen stiegen in Bloemfontein im gleichen Hotel ab wie die Schweizer und Bolli gab Stromberg und seinem Sous-chef einige gute Tipps. Ausserdem machte er Stromberg mit dem Schweizer Metzger Andreas Reichmuth bekannt, einem Schwyzer, der in Südafrika lebt und das Schweizer Team mit Fleisch belieferte. Stromberg hatte sich nämlich darüber beklagt, dass er vor Ort kein gutes Kalbsfleisch und keine richtige Currywurst beziehen könne. Beides stellt Reichmuth in hervorragender Qualität her. Und so hat vielleicht die Schweiz doch auch ihren kleinen Beitrag zum grossartigen Turnier der Deutschen in Südafrika liefern können.

Unvergesslicher Erfolg gegen Spanien

Natürlich war auch für Emil Bolli der historische 1:0-Erfolg gegen Spanien der sportliche Höhepunkt des Afrika-Abenteuers. Den Erfolg gegen den Europameister wird Bolli so schnell nicht vergessen. «Die Atmosphäre im Stadion war überwältigend. Man konnte die Freude und Begeisterung der Zuschauer spüren», sagt er rückblickend auf dieses historische Ereignis.

So gross die Freude über den Erfolg gegen Spanien, so gross war auch die Enttäuschung über die Niederlage gegen Chile und der Ärger über die Leistung des Schiedsrichters. In einem Interview wurde Bolli von einem Journalisten spasseshalber mit den Worten begrüsst: «Jetzt kommt der Verantwortliche für die Niederlage.» Der Nati-Koch, um eine schlagfertige Antwort nie verlegen: «Ja, für den Schiri habe ich nicht gekocht.»

Abschied von Südafrika

Wenn der Platzverweis gegen Valon Behrami rückblickend als der Anfang vom Ende betrachtet werden kann, so kam dieses schliesslich mit dem Remis gegen Honduras. Damit neigte sich auch für Emil und Manuela Bolli die Zeit in Südafrika ihrem Ende entgegen. Am letzten Abend stand das Farewell-Dinner des Hotel Emerald auf dem Programm und für einmal konnte sich auch Bolli verwöhnen lassen. Mit einem typischen südafrikanischen Braai (Grillbuffet) verabschiedete sich das Hotel von seinen berühmten Gästen, die am nächsten Morgen mit einer Sondermaschine der Swiss die Heimreise antraten.

Neue Herausforderungen und ein neues Familienmitglied

Nun hat Bolli seinen Blick nach vorne gerichtet. Im Herbst beginnt die Qualifikation zur UEFA EURO 2012 und auf Bolli warten in England, Bulgarien, Wales und Montenegro neue Herausforderungen. Übrigens konnte Bolli dem Vorrunden-Aus des Nationalteams kurz nach seiner Rückkehr auch etwas Positives abgewinnen, so war er nämlich wieder in der Heimat, als am 3. Juli sein erster Enkel das Licht der Welt erblickte. Sein Name: Gian-Emil.