Wer zu Hause Gäste empfängt und diese mit einem mehrgängigen Menü verköstigt, der muss nicht nur gut und gerne kochen können, er muss auch ein Organisationstalent sein. Stellt Euch nun vor, Ihr wollt das geplante Menü für 40 Personen kochen, in einem Land, dessen Sprache Ihr nicht sprecht, und in einer Küche, die Ihr noch nie betreten habt. Diese Herausforderung kennt Nationalmannschaftskoch Emil Bolli zur Genüge.

Seit 13 Jahren verwöhnt 14-Sterne-Koch Emil Bolli unsere Nationalspieler bei den Auswärtsspielen mit seinen vielseitigen kulinarischen Köstlichkeiten. Natürlich stellt sich über die Jahre bei einem Profi wie Bolli eine gewisse Routine ein, und doch ist jedes Länderspiel immer wieder eine grosse Herausforderung, vor allem wenn es in Länder und Hotels geht, in denen die Nationalmannschaft zuvor noch nie zu Gast war. Steht Emil Bolli schliesslich in der Küche und hat alle Zutaten zur Hand, ist es bis zum Kalbssteak an Madeirasauce mit Kartoffelstock und Rüebli oder dem allseits beliebten Pasta-Buffet nicht mehr weit. Bis dahin jedoch ist viel Vorbereitungsarbeit notwendig.

Schwieriges Abwägen

Am Anfang steht auch hier die Menüplanung. Emil Bolli bestimmt, was an welchem Tag auf den Tisch kommen soll und was er dazu an Nahrungsmitteln benötigt. Seine Müeslimischung fürs morgendliche Birchermüsli hat Bolli immer dabei, ebenso wie die persönliche Gewürzmischung und natürlich ein gutes Stück Schweizer Schokolade. Was aber ist mit den anderen Zutaten? Um das herauszufinden, nimmt er Kontakt mit dem Hotel vor Ort auf. Sehr oft wird ihm beschieden, die Beschaffung der gewünschten Lebensmittel sei kein Problem, aber Bolli weiss mittlerweile, dass diese Auskünfte nicht immer stimmen müssen. Entsprechend wägt er ab, was er alles selber aus der Schweiz mitnehmen will. Die Schweizer Botschaft vor Ort klärt dann wiederum ab, was eingeführt werden darf, und was nicht, was und wie zu deklarieren ist usw.

Amsterdam – Zürich – Wien – Minsk

Das hört sich allerdings einfacher an, als es oftmals ist. So war beispielsweise bei der Reise der Nationalmannschaft nach Weissrussland 1999 schnell einmal klar, das eigenes Fleisch mitgenommen werden sollte. Wegen der damals herrschenden BSE- Seuche durfte das Fleisch allerdings nicht aus der Schweiz nach Weissrussland importiert werden. Bolli organisierte deshalb Kalbfleisch aus Holland, das wiederum nicht in die Schweiz eingeführt werden durfte. Also liess es Emil Bolli ins Zollfreilager nach Zürich liefern, holte es dort ab und gab es für den Flug via Wien nach Minsk auf, den er und Team-Manager Walter Peter gebucht hatten, um einen Tag vor dem Team in Weissrussland zu sein. Wie wenn es nicht schon kompliziert genung gewesen wäre, blieb das Fleisch in Wien liegen. Erneut musste Bolli eingreifen, damit das Fleisch in Wien in einem Kühlhaus gelagert werden konnte. Am nächsten Tag wurde das begehrte Gut schliesslich nach Minsk gefolgen und die Fleisch- Odyssee fand doch noch ein glückliches Ende.

Über 100 kg Gepäck

Steht der Menüplan und ist bestimmt, welche Nahrungsmittel mitgenommen werden, erstellt Bolli die Packliste. Schliesslich wird das gesamte Material – frische Nahrungsmittel ausgenommen – in Metallboxen gepackt. Im Normalfall reist Bolli mit drei bis vier dieser Metallkisten, die nicht schwerer als 35 kg sein dürfen. Mit dabei hat er stets seine persönlichen Küchenutensilien wie Messer oder die Röstiraffel für das Birchermüesli, aber je nach Destination zum Beispiel auch ein Desinfektionsmittel. Frischwaren wie Fleisch oder Fisch gehen vor der Abreise vom Hotel Bern, wo Bolli als Küchenchef amtiert, ins Nationalmannschaftsquartier nach Feusisberg, werden dort zwischengelagert und schliesslich zum Flughafen gebracht.

Dies alles geschieht in enger Zusammenarbeit mit dem Materialwart der Nationalmannschaft, der dafür sorgt, dass der Nati-Koch nach seiner Ankunft im Hotel sofort an die Arbeit gehen kann und die gesamte Delegation wie gewohnt die leicht verdaulichen, kohlenhydratreichen, eiweissausgewogenen und fettarmen Speisen von Emil Bolli geniessen kann.

(12.05.2009 – Patrick Gunti für SFV Fan Club)